Heute also geht es in den Addo Park und von dort aus in den nächsten zwei Wochen weiter über Oudtshoorn bis nach Kapstadt.
Aber wozu in der Ferne schweifen, heute ist erstmalig eine Safari angesagt.
Der 1931 gegründete Addo Park ist der drittgrößte Park Südafrikas und beheimatet die Big5.
Der Abschied von Port Alfred fällt uns beiden schwer. Das hat sicherlich mehr als einen Grund.
Zunächst einmal wurden wir beide rührend betreut und haben die zwei Tage ohne Stress genießen können. Wenn wir uns einmal die Karte von Südafrika vor die Augen halten, so wird einem bewusst, dass wir schon fast die Hälfte unserer geplanten Strecke geschafft haben.
Die nächsten Tage werden wir also Gäste der Garden Route sein.
Nach der herzlichen Verabschiedung von Inge und Horst sowie XX sitzen wir kurze Zeit später im Auto mit dem heutigen Tagesziel: Addo Park.
Die knapp 40 Minuten Anfahrt verfliegen, und ehe wir noch einen Gedanken fassen können, sind wir auch schon da.
Der Park bietet die Möglichkeit mit seinem Mietauto zu fahren, oder ein Führer mit Jeep zu mieten.
Wir entschließen uns, selbst zu fahren. Somit sind wir in der Zeit flexibler und können uns aussuchen, wo wir verweilen möchten oder weiterfahren ‒ der Hauptvorteil gegenüber einer Jeep-Führung in der Gruppe.
Sicherlich würde uns ein Ranger näher an die Tiere heranbringen, oder auch andere aufzeigen, die wir so nicht sehen würden, aber das nehmen wir bewusst in Kauf.
Die Straßen im Park sind nicht geteert sondern „Dirt Roads“, also Schotterstraßen, die, wenn es denn regnen sollte, sicherlich so einiges von unserem Auto abverlangen werden.
Aber nach Regen sieht es nicht aus, nur der Himmel ist ein wenig wolkig.
Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es kurz vor 12 ist.
Aktuell haben wir noch kein Zimmer für die Nacht. Ich frage, ob es die Möglichkeit gibt, innerhalb des Parks zu schlafen. Die junge Dame am Info Point macht gleich Nägel mit Köpfen.
Sie wären ausgebucht, aber sie hätte noch eine Lodge für uns, für 2500 Rand die Nacht. (250 €)
Ich lehne dankend ab und steige zurück ins Auto. Wir lachen beide und beschließen uns was zu suchen, wenn wir aus dem Park heraus sind.
Die Tour durch den Park gestalten wir völlig unorthodox. Wir haben zwar einen Plan des Parks, aber wir haben kein bestimmtes Ziel oder eine Neigung zu Tieren, die wir unbedingt sehen wollen ‒ oder „müssen“. Entsprechend ruhig gehen wir unsere erste Safari an.
An der Löwentränke sehen wir keine Löwen. Ich bin aber so dumm, trotz eindrücklicher Warnung aus dem Auto zu steigen, um besser ein Foto machen zu können.
Das Foto ist im Kasten, und ich nicht zerfleischt.
An einer leicht abschüssigen Kurve stoppen wir uns Auto in einer Reihe aus wild parkenden Fahrzeugen.
Als Saskia den Motor ausmacht, wird es gespenstisch ruhig. Ich öffne das Fenster und mache die ersten Fotos von den überall umherlaufenden Warzenschweinen.
Bis auf das Grunzen der Schweine und den Wind, der durch die offenen Fenster dringt, genießen wir beide die Stille.
Plötzlich höre ich euphorische Menschenmassen. Warum, das wird uns in die nächsten Minuten klar.
Keine 20 Meter vor uns kreuzt eine Herde Elefanten den Weg. Nicht etwa grau in grau wie in den Zoos, sondern völlig Braun. Der Farbton ist gleich dem von Lebkuchen. Ebenso die Struktur.
Die Tiere haben so eine imposante Größe, die uns Menschen völlig klein und unbedeutend erscheinen lässt.
Die Geräuschkulisse ist schwer zu beschreiben. Stellt euch einfach vor, es würde auf euren Sportplatz 500 Menschen zur gleichen Zeit wie irre auf der Stelle hüpfen.
Nach diesem Erlebnis führt uns der angelegte Weg, von welchem man auch nicht abweichen darf, vorbei an Büffeln, Kudus, Schildkröten, Echsen, Heuschrecken und Zebras.
Überall wird die Landschaft dominiert von riesigen Termitenhügel oder Bäumen und Sträuchern ‒ soweit das Auge reicht.
Die Wolken sind inzwischen einem fast blauen Himmel gewichen, an dessen Horizont sich ein paar Cumuluswolken tummeln.
Ein weiteres Mal verlasse ich das sichere Auto, um eine Schildkröte, und eine riesige Heuschrecke zu fotografieren.
Auch hier ist die Zeit so schnell vorüber, sodass wir um kurz nach 19.00 Uhr den Park überglücklich verlassen.
Die fast sieben Stunden, die wir im Park verbracht haben, sind an uns vorbeigeflogen.
Leider sind auch hier 400 mm Brennweite zu wenig. In manchen Momenten hätte ich auch 600 mm gebrauchen können. Unter Umständen lässt sich das kompensieren, wenn man auf einem der zu mietenden Ranger + Jeep zugegriffen hätte.
Saskia und ich kannten das Leben von Tieren aus Afrika immer nur aus dem TV und dem Zoo.
Umso schöner ist die Erfahrung, die wir hier sammeln konnten. Alle diese Tiere haben eine Anmutung, für die es sich lohnt, schützend einzutreten.
Tier -und Artenschutz sind schon zu Lebzeiten von Bernhard Grzimek in Afrika ein Thema gewesen, wovon sowohl das Land, als auch die Bevölkerung profitieren kann.
Wir beide hoffen, dass auch einmal unsere Kinder in den Genuss kommen werden, Tiere in ihrem natürlichen Freiraum zu beobachten.
Der Addo Park ist ein gutes Beispiel dafür.
Keine 40 Minuten später sichte ich ein schönes Bed & Breakfast leicht abseits der Straße. Alle anderen zuvor sahen aus wie Bruchbuden am Straßenrand. Wenig einladend.
Wir passieren die Einfahrt und parken kurz vor dem Haus hinter einem Pickup. Gerade als ich Tür öffnen möchte, ertönt ein Tiefes, und nicht zu Überhörendes abschreckendes bellen.
Scheiße. Ich bin ein totaler Hundefeigling und erstarre vor Angst. Saskia, die normalerweise mit jedem Hund kann, ist sich auch nicht sicher, auszusteigen.
So verharren wir im Auto, und hoffen, dass jemand kommt, um uns aus dieser misslichen Lage zu befreien.
Ich habe ein wenig Zeit mich umzusehen. Das Haus hat eine große Veranda, vor der ein großer Baum in voller Blüte steht.
Vor dem Haus sehe ich einen Garten, der von einem weißen Zaun umrundet wird. Vor dem Pickup entdecke ich einen Bretterverschlag, von wo das Bellen herzukommen scheint.
Nein, ich warte lieber im Auto.
Wir sitzen sicherlich 30 Minuten im Auto, als wir erlöst werden. Harry stellt sich vor und bittet uns freundlich ins Haus zu kommen.
Die Nachfrage nach einem Zimmer für diese Nacht endet positiv. Jawoll!
Wir sitzen auf der Terrasse und schauen zu, wie die Sonne langsam untergeht.
Die Hausherrin fragt, ob wir was trinken möchten. Wir beide bestellen Rooisbos Tee, ohne wirklich zu wissen, was das ist.
Die Nette ältere Dame richtet noch schnell unser Zimmer her, während ich mit ihrem Sohn ins Gespräch komme. Wir erzählen ihm von unseren Erlebnissen, während er fortwährend mein Englisch lobt.
Er blickt auf meine Kamera und fragt, ob ich nicht Lust, ihm ein paar Bilder zu zeigen.
Warum nicht, erwidere ich.
Ich hechte also schnell ins Zimmer, um das Laptop zu holen. Als ich zurückkomme, steht neben meinem Sessel ein kleiner Bestelltisch mit Tee.
Der erste Schluck Rooisbos Tee, ist wie der erste Frühlingstag mit sommerlichen Temperaturen.
Ein Aroma durchströmt meine Nase und kitzelt meinen Gaumen, meine Geschmacksnerven drehen durch. Ich trinke an diesem Abend vier Tassen Tee.
Gerade als wir die Bilder von Coffee Bay durchschauen, ruft Harry entgeistert:
„Hey, look, that’s a beautiful puff otter“… Stille …
Ich erfahre dann, dass sie eine der giftigen Schlangen Südafrikas ist, welche sich für die meisten Todesopfer durch Schlangenbisse verantwortlich ist.
Glück gehabt …
Vor dem Schlafengehen plaudere ich noch mit einer Truppe aus der Schweiz, die entgegengesetzt zu unserer Reiseroute fahren.
Ein erlebnisreicher Tag endet im tiefen Schlaf …
Also mit Schlangen hab ich mich nicht angelegt, aber was da sonst so kreucht und fleucht ist schon beeindruckend…
Niemand, der noch nicht neben einem frei lebenden Elefanten gestanden hat, kann sich dieses Gefühl vorstellen… Ich bin immer noch hin und weg!